Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für EMV Dipl.-Ing. Gerhard Pohlmann

Beispiel: elektrische und magnetische Felder unter Hochspannungsfreileitungen

Hoch- bzw. Höchstspannungsfreileitungen dienen der Übertragung elektrischer Energie über große Distanzen. Hochspannungsleitungen, die in Deutschland typischerweise mit 110.000 Volt / 50 Hertz Wechselspannung betrieben werden, werden für die weiträumige regionale Energieverteilung bis zu ca. 100 Kilometer eingesetzt, wohingegen Höchstspannungsleitungen, in Deutschland mit typischerweise 220.000 bis 380.000 / 400.000 Volt betrieben, dem überregionalen Energietransport über mehrere hundert Kilometer dienen.

Für die Überbrückung sehr großer Distanzen um oder über 1.000 Kilometer werden auch sogenannte Hochspannungs-Gleichstromübertragungs-Strecken (HGÜ) aufgebaut.



Personenschutz gegen elektrische und magnetische Felder

Im Umfeld von Hoch- bzw. Höchstspannungsfreileitungen bilden sich, insbesondere unter oder direkt neben den Trassen, elektrische Felder (E-Felder), hervorgerufen durch die hohe elektrische Betriebsspannung, und magnetische Felder (H-Felder), hervorgerufen durch die über die Leiterseile fließenden elektrischen Ströme, aus.

Zum Schutz von Personen gegen zu starke elektrische und / oder magnetische Felder gibt die 26. Verordnung zur Umsetzung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (26. BImSchV) Grenzwerte für die maximal zulässige elektrische Feldstärke und die magnetische Induktion (auch als "magnetische Flussdichte" bezeichnet) vor.

Bei der üblichen Betriebsfrequenz von 50 Hertz sind die Grenzwerte der 26. BImSchV:

Grenzwert für die elektrische Feldstärke:   5.000 Volt / Meter (V/m)
Grenzwert für die magnetische Induktion:  100 mikro-Tesla (µT)

Messung und Berechnung der Feldstärken

Die Höhe der maximal auftretenden elektrischen Feldstärke und magnetischen Induktion im Umfeld von Hochspannungsfreileitungen kann bei bekannter Betriebsspannung, bekanntem Betriebsstrom auf allen Leiterseilen, bekannter Lage der drei Phasen auf den Leiterseilen sowie bekanntem Abstand der Leiterseile vom Boden, z.B. wegen des Bewuchses oder nicht bekannter elektrisch gut leitender oder ferromagnetischer Materialien im Boden, in der Praxis oft nur näherungsweise berechnet werden. 



Eine exaktere Ermittlung ist auf messtechnischem Wege möglich. Hierbei ist auf den Auslastungsgrad der Leiterseile bezogen auf die maximal zulässige Strombelastung zu achten, da die Stärke des Magnetfeldes unmittelbar von der Höhe der Ströme durch die Leiterseile abhängig ist. Es bedarf also der Mitwirkung des Netzbetreibers, der die Daten zum Auslastungsverlauf der Hochspannungsleitung, der während der Feldmessungen vorgelegen hat, liefern muss.

Die bei 100 %-iger Auslastung der Hochspannungsleitung zu erwartenden Maximalwerte der elektrischen Feldstärke und magnetischen Induktion können dann auf Basis dieser Auslastungsverlaufsdaten und der erzielten Messergebnisse rechnerisch ermittelt werden.